Falls sich jemand gefragt hat, wie sich Coolness anhört, findet in Mines Album “Hinüber” eine Antwort. Das neue Album der Popmusikerin ist endlich da und liefert nicht nur opulente Sounds, sondern auch berührende, gehaltvolle Texte. Mittlerweile ist es sieben Jahre her, dass die Musikerin Mine frisch von der Uni auf die TV Noir Bühne rauschte und bereits vermuten ließ: Diese Frau hat Großes vor. Fünf Alben später löst sie dieses Versprechen noch immer ein und “Hinüber” setzt nun dem Ganzen die Kirsche auf.
Sie gilt als eine der beliebtesten Feature-Gäste der Hip-Hop-Szene, hat sogar ein ganzes Duett-Album mit Rapper Fatoni veröffentlicht. Immer wieder liebäugelte Mine mit Hip-Hop: Die selbstverständliche Attitüde großer Statements, und das ewige Herumbasteln an eigenen Beats hat sich mehr und mehr in ihre Popwelt eingeschlichen. Doch über allem steht dann doch die Liebe zum Instrumentalen: Seit ihrem Abschluss hegt Mine eine besondere Liebe für Orchester und inszeniert ihre Musik gerne mit Streichern, setzt Bläser ein oder schreibt chorische Teile in ihre Musik. Und in dieser instrumentalen Größenordnung beginnt auch das Album mit Titelsong “Hinüber”. An ihrer Seite sind zum einen starke Pauken und Streicher, zum anderen die Kollegin Sophie Hunger. Der Song selbst geht mit der Welt ins Gericht und gibt die Stimmung des Albums vor: Weltschmerz pur!
“Mein Herz” Live in großem Stil
Das Album bleibt eher in einer düsteren Stimmung, auch wenn die Sounds an sich voller Leichtigkeit stecken. Jeder Song hat einen besonderen Höhepunkt, auf den sich alles zubewegt. Das muss nicht automatisch der große Knall sein. Die Single “Mein Herz” geht zum Beispiel in seichten Streichern auf, wird sanfter und sanfter, während der Gesang immer mehr verschwindet. Doch auch den großen Knall gibt es natürlich: “KDMH” steht für “Kannst du mich halten” und ist elektronisch und blechern. Der Bass ist stark und der Rhythmus dominiert den Song. Umso effektvoller, wenn endlich tragende Melodien im Hintergrund einsetzen und die aufgehenden Vocals den Raum erfüllen.
Doch auch Mines Faible für das Spiel mit Redewendungen hat auf “Hinüber” Einzug erhalten. “Elefant” bespricht zum Beispiel in einer fetzigen Funknummer das Phänomen eines Elefanten im Raum. Mit einer unglaublichen Vielfältigkeit kommen die Songs zusammen. Mine zeigt die komplette Bandbreite ihrer Stimme und es gibt Passagen stimmlicher Gewalt, Rap-ähnliche Momente, chorische Elemente und Zeilen in einer bisher verborgen gebliebenen Kopfstimme.
Bei Mine steht ein “Elefant” im Raum
Trotz all dem Pop-Funkeln, ist das Album im großen Ganzen dennoch bluternst. Mine nimmt sich die Welt zur Brust. Das äußert sich in großen Sorgen und Weltschmerz. Aber auch in klaren, expliziten Messages. Auch visuell schockiert sie mit Collagen aus verstörenden News, die täglich angeschwemmt werden. Von Rechtsruck, Corona und der Situation an den griechischen Außengrenzen wird erzählt und damit macht Mine klar: Sie will nicht verzaubern, sondern Haltung zeigen. Kaum hat man sich in einen lockeren Song fallen lassen, kommen kleine Lines, die einen wieder in das hier und jetzt katapultieren und die politisch-gesellschaftliche Stimmung auf den Tisch holen. Am Ende steht mit “Unfall” der wohl pessimistischste Song. In vier Minuten rechnet Mine hier in großem Stil ab und schließt das Album mit einem mulmigen Gefühl. “Hinüber” ist nicht nur ein großartiges Popspektakel und ein Zeugnis von Mines Produktionstalent, sondern auch ein Appell. Und der kommt nicht immer mit der Brechstange …
„Wenn es die Welt schlecht mit dir meint,
Mine – Eiscreme
Dann Freundin, gib dir Speiseeis
Leider wird hier nicht fair verteilt
Wenn jemand keins hat, lad sie ein“
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