Mit ihrer “Acoustic Collection” erfüllten BOY vielen Fans einen lang gehegten Wunsch, doch auch ihr erstes Album gehört zu einem der seltenen, zeitlosen Werke der Popmusik. Sieben Jahre ist es her seit der Veröffentlichung von “Mutual Friends”, dem Debüt von BOY, und selbst heute klingt es noch so frisch wie nie.
Musik wie ein Morgen, an dem man liegen bleiben kann
Vor Boy hat Sonja Glass schon einige musikalische Gehversuche unternommen. So hat sie beispielsweise nach drei Jahren ihr E-Bass-Studium in den Niederlanden abgebrochen, um freier mit der Musik zu arbeiten, und kam so – wie einige andere – in den Popkurs der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Dort lernte sie 2005 die Schweizerin Valeska Steiner kennen, mit welcher sie gemeinsam zwei Jahre später ein Musikerinnenduo schuf und damit die Band mit dem wohl suchmaschinenfeindlichsten Namen der Welt, Boy (weitere Suchbegriffe: Boy Band, Boy Music – probiert es aus). Nach mehreren Absagen von Labels fanden die beiden ein Zuhause bei Grönland Records, dem Label von Herbert Grönemeyer. Dieser unterstütze die beiden darin, die Musik zu machen, die sie machen wollten. Zum Glück. Das Ergebnis klingt wie ein Morgen, an dem der Hörer liegen bleiben kann. Wie der Duft von frischem Kaffee. Wie ein Frühlingstag oder eine Sommernacht. Wie all das, nur ohne den Kitsch. Mit diesem Sound trafen Boy einen Nerv, ein Herz, eine Seele, was auch immer. Denn unabhängig davon, was es war, verhalf es dem Debüt zu 40 Wochen in den deutschen Charts (auch wenn Charts heutzutage eher ein Witz sind) und dem Duo zu einer Tour in den USA sowie Japan. Ganz nebenbei stellten sie ein Beispiel dafür auf, wie guter Pop klingen kann. Was das Erfolgsgeheimnis ist, wissen die beiden selbst nicht.
„I waited for your call for the moon
to release me from the longest afternoon
I’ve re-arranged parts of my living room
but time is hard to kill since I met you“
In ihren Liedern verarbeiten sie Geschichten wie die von Boris, einem übergriffigen Typen, und hoffnungsvolle wie Little Number oder We Were Here. Eines haben all diese Lieder gemeinsam, sie öffnen sich nicht beim ersten Hören. So liegen stimmungsvolle, aber im besten Sinne leichte Klänge auf der ersten Ebene, die den Hörer für sich schon mitnehmen. Auf der zweiten Ebene sind jedoch noch diese kleinen Erzählungen, teilweise auf persönlichen Erfahrungen beruhend, teilweise in die Welt erdacht. Auf der Acoustic Collection, dem dritten Album der beiden, brechen Sonja und Valeska die Musik genau auf das herunter. Zu Freude vieler Fans, die lange auf Neues zu warten hatten, die Band aber sofort wieder aufnehmen. Ohne große Arrangements, ohne große Promotour, ohne unzählige Interviews, ohne großen Masterplan und durchdachtes Konzept, sondern nur das, was es ist. Zwei Frauen mit Instrument und Stimme.