Casper hält nicht mehr zurück

Casper sorgte schon immer für den melancholisch-depressiven Soundtrack der Millennials. Während die Alben „XOXO“ und „Hinterland“ nur so von traurigen Geschichten allgemein gehaltener Aufbauphrasen strotzen, wurde mit „Lang lebe der Tod“ vor mittlerweile fünf Jahren ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ernste Ausschweifungen in Richtung Politik und Gesellschaft machten sich breit. Mit seinem nunmehr fünften Album „Alles war schön und nichts tat weh“ konkretisiert der Rapper seine Ansichten und das so persönlich wie noch nie.

Während die ersten Singles „Alles war schön und nichts tat weh“ und „Wolken/Mieses Leben“ ft. Haiyti noch keinen großen Sprung vom Vorgängeralbum erwarten ließen, überrascht AWSUNTW durch seine Komplexität. Nicht nur textlich, sondern auch musikalisch. Die Stärken dieser Platte liegen dabei vor allem in den wirklich persönlichen Stücken, in denen Casper nun nicht mehr mit allgemeinen Phrasen versucht, Verständnis zu schaffen, sondern direkt aus dem Leben rappt und das auf eine schonungslose Art und Weise, die die Hörer*innen geschockt vor der Hifi-Anlage sitzen lässt.

Am Zahn der Zeit

Auf „Billie Jo“ arbeitet Casper die Geschichte seiner Cousine auf, die ihrem Mann, welcher traumatisiert aus dem Krieg zurückkehrte, zum Opfer fiel. Gerade in Anbetracht des Zeitpunkts der Albumveröffentlichung hinterlässt dieses Stück einen besonderen Beigeschmack. Während es einerseits absurd scheinen muss, ein Album zu veröffentlichen und gebührend zu feiern, während nur ein paar hundert Kilometer weiter ein Krieg mitten in Europa tobt, erscheint dieses Album mit seiner gesellschaftlichen Kritik genau zur richtigen Zeit.

Auch abseits von Krieg bleibt es ernst. Das Stück „Fabian“, welches er live bei Jan Böhmermann vorstellte, erzählt von einem Freund und dessen Leukämieerkrankung. Eine „Hymne an das Leben“, wie Casper ihn in einem Instagrampost beschreibt. Auch „Zwiebeln & Mett“ und „Das bisschen Regen“ zählen zu diesen sehr direkten Songs. Vor allem letzterer wird durch sein wummerndes Ende besonders live zu seiner vollen Stärke finden.

Mit Gästen wird auf AWSUNTW nicht gegeizt. TUA, Haiyti und Kummer sind dabei Namen, mit denen man rechnet. Überraschend hingegen das energetische Stück mit „Lass es Rosen für mich Regnen“ mit Provinz und Lena, der den eigenen Ruhm und die damit einhergehende Vergänglichkeit reflektiert. Gegen Ende gibt es dann „Euphoria“, getragen von Beatsteaks Teute noch eine Nummer mit 80er Jahre Anleihen, das völlig aus dem Konzept zu schlagen scheint und sich genau daher so in die Gehörgänge einbrennt.

Casper ist hörbar erwachsen geworden und verlangt dies mit „Alles war schön und nichts tat weh“, welches von Max Rieger produziert wurde, auch von seinem Publikum. Ob das gelingt? Ziemlich sicher.

Casper live:

27.11.22, Leipzig, Haus Auensee
29.11.22, Stuttgart, Porsche Arena
30.11.22, Zürich, Halle 622
01.12.22, Frankfurt am Main, Jahrhunderthalle
03.12.22, Hamburg, Sporthalle
05.12.22, München, Zenith
06.12.22, Wien, Gasometer
09.12.22, Bochum, RuhrCongress
10.12.22, Münster, Halle Münsterland
13.12.22, Köln, Palladium
14.12.22, Hannover, Swiss Life Hall
16.12.22, Berlin, Max-Schmeling Halle

Tickets gibt es hier.

Ähnliche Beiträge