Philipp Poisel ist zurück in seinem Element: Mit dem neuen Album “Neon” geht der deutsche Songwriter der Essenz seiner Songs auf den Grund und offenbart eine ganze neue Seite seiner Kreativität. Er selbst beschreibt sein nunmehr viertes Studioalbum als den Schlüssel zur typischen Poisel’schen Poetik. Als 2008 “Wo fängt dein Himmel an?” die deutsche Liedermacherszene auf den Kopf stellte, war es dieser ganz markante Stil, der Poisel aus der Masse hervorhob: Ein charmantes Nuscheln, die Stimme stets kurz davor zu brechen, zaghaft und filigran und dennoch mutig, sich ganz und gar zu öffnen. Dazu ist Philipp Poisel besonders durch seine Texte zu dem Musiker geworden, den wir so feiern.
“Neon” treibt die vielen Wortspiele, Vergleiche und Bilder noch eine Ebene weiter. Während Metaphern das übliche Stilmittel der deutschen Lyriker ist, findet Poisel häufig ein fast skurriles Bild und verliert sich in detaillierten Szenerien der Gefühle. Irgendetwas mit Sehnsucht, irgendwas mit Melancholie, ganz gleich, wie froh die Melodie ist. “Neon” bringt all das, was vorher in einzelnen Liedern da war, nun zusammen und zeigt die Eigenheit, die schon immer angedeutet wurde. Da sind die lebendigen Nummern wie “Alles an dir glänzt” oder “Benzin”. Auf der anderen Seite stehen rustikale Akustiksongs wie “Alt und Grau”, die an das Projekt Seerosenteich erinnern.
Dass Philipp Poisel auf diesem Album ein noch stärkeres Gefühl von Ehrlichkeit und Intimität erzeugt, dürfte dabei viele überraschen. Doch tatsächlich scheint der Musiker noch tiefer als ohnehin schon blicken zu lassen. Ebenso verblüffend dürfte es sein, dass sich selbst dieser wunderbar verträumte Romantiker der deutschen Poplandschaft es nicht verkneifen konnte, politisch zu werden. Denn in „Was von uns bleibt“ wird aus der schönen Liebelei ein Bild für die Klimakrise.
“Was von uns bleibt” als Statement für Klimapolitik
Nachdem Poisel auf “Mein Amerika” etwas neuere Stile ausprobierte und seine Sehnsucht ganz konkret in diesem Ort manifestierte, ist “Neon” wieder ein Weg zurück in seine verkopfte Welt, die wir auf elf Titeln etwas besser kennenlernen. Popliebe stößt dabei auf Vintage-Knisterei, Schwarz-Weiß Bilder, Montagen und Kollagen – ein echtes Poisel Album eben.