Belle and Sebastian lassen in “Sister Buddha” die Kicks des Alltags hinter sich

„Was beim ersten Mal funktionierte, kann auch beim zweiten Mal nicht schiefgehen“…

Schaut man sich die letzten Veröffentlichungen von Belle and Sebastian an, mag man das Gefühl kriegen, die Schotten um Stuart Murdoch gingen auf Nummer sicher. 

Dem letztjährigen Album “How to Solve Our Human Problems 1-3” gingen wie in der Frühzeit der Band drei EP-Veröffentlichungen voraus. Nun folgt am 13.09. mit “Days Of The Bagnold Summer” erneut ein Album, das zunächst an ein altes Konzept erinnert. Wie schon das 2002-er Erfolgsalbum “Storytelling”, das den gleichnamigen Film von Todd Solondz begleitete, fungiert auch das neue Album als Soundtrack. Der dazugehörige Film von Regisseur Simon Bird basiert auf einer Coming Of Age-Graphic Novel von Jeff Winterheart und soll 2020 in den Kinos anlaufen.

Dabei war es ganz anders…

Bird selbst bat als langjähriger Fan die Band, Lieder für seinen Film zusammenzustellen. Doch einfach bereits veröffentlichte Lieder wiederzuverwenden, stellte für Murdoch keine Option dar. Lediglich Birds Lieblingsstück “Get Me Away From Here I’m Dying” und “I Know Where the Summer Goes” wurden rearrangiert und neu aufgenommen. Bei ersterem sei der Regisseur unnachgiebig gewesen, sagt Murdoch. Letzteres passt dagegen so gut in die Handlung, dass es eine vertane Chance gewesen wäre, es nicht in den Soundtrack aufzunehmen. Jener begleitet die Sommerferien eines jungen Metalfans, der, statt wie geplant mit seinen Freunden zu verreisen, doch zu Hause alleine mit seiner unwillkommenen Mutter verbringen muss und sich dem Glück schließlich von einer noch unbekannten Seite nähert. Für die restlichen elf Stücke schrieb die Band neues Material und überarbeitete alte Soundskizzen Murdochs, die sich gut ins Konzept einfügten.

Man tut also Belle and Sebastian Unrecht, wenn man hinter ihrer Veröffentlichungspolitik lediglich Kalkül vermutet. Denn Soundtracks stehen eigentlich nur dafür, was die Band sowieso am besten kann: Geschichten zu erzählen und so ein geschlossenes Werk zu schaffen, immer zeitlos und scheinbar unabhängig von Trends.

Seelenbonbons für zwischendurch

Mit “Sister Buddha” ist bereits die erste Single des Albums erschienen, die erneut das Gespür Murdochs für unaufdringliche Ohrwürmer beweist. Bei dem Song handelt es sich um ein aufmunterndes Indie-Pop-Kleinod mit pulsierendem Tastenbass und euphorisierender Trompetenbegleitung. Inhaltlich gibt das Stück Mut zur Selbstfindung in den stressigen Versuchungen des Alltags.

Sicher, Belle und Sebastian machen Pop, der manchmal kitschig ist. Doch das ist völlig okay. Die Band hat gar nicht den Anspruch, die experimentellsten Entwicklungen der Musikgeschichte anzustoßen. Stattdessen bieten sie verspielte Hymnen, in die man eintauchen und kurz den Alltag vergessen kann. Eine schöne und ungefährliche Ersatzdroge. In etwa wie hochwertige Schokolade. Nur, dass von Murdochs Musik bisher noch weniger Nebenwirkungen bekannt sind. Obwohl, ein Nebeneffekt ist auf jeden Fall, dass ihr bitter-süßer Geschmack noch lange nachwirkt, aber das tut Schokolade im besten Fall auch. Eine derart gut gemachte Süßigkeit hat also manchmal genauso ihre Berechtigung wie verkopfter Freejazz.

“Days Of The Bagnold Summer” kann hier vorbestellt werden.

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